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Der moderne Mythos der Selbstoptimierung und die verlorene Kunst des Seins
Im Streben nach ständiger Verbesserung, nach mehr Effizienz und maximaler Produktivität, verliert der moderne Mensch etwas Essenzielles: das einfache Dasein. Und obwohl wir von allen Seiten hören, wie wichtig es sei, unsere 'beste Version' zu werden, stellt sich die Frage: Was bedeutet das wirklich?
Dieses Thema betrifft sowohl Männer als auch Frauen, doch es manifestiert sich unterschiedlich. Männer jagen oft Leistung und Status, glauben, ihre Männlichkeit durch Erfolg definieren zu müssen. Frauen hingegen erfahren den Druck zur Widersprüchlichkeit: authentisch zu sein und zugleich jeglichen Schönheitsstandards zu entsprechen. Beide Geschlechter laufen Gefahr, sich selbst im Prozess des Optimierens zu verlieren.
Ich erinnere mich an eine Phase in meinem Leben, als ich kontinuierlich an mir arbeitete, mich immer weiter zu steigern versuchte. Und obwohl das zu einem gewissen Erfolg führte, blieb ein tiefes Gefühl der Leere. Denn in all dem Streben nach mehr verpasste ich den gegenwärtigen Moment – die Gegenwart, die in ihrer Unvollkommenheit das wahre Potenzial für inneren Frieden und Freiheit birgt.
Eine Begegnung mit einer vertrauten Person, die ich anonymisiere und „die Künstlerin“ nenne, öffnete mir die Augen. Sie lebte einfach. Kaum externe Ziele oder Projekte, die sie umtrieben. Ihre Wohnung war kein Abbild einer gelebten Optimierung, sondern eine Einladung zum Verweilen – zur Ruhe. Ihr Geheimnis? Sie wählte den Weg des Seins und versteht es, ihrer inneren Stimme Gehör zu schenken. Sie suchte nicht die nächste Errungenschaft; sie schwelgte in der Fülle des Augenblicks.
Diese Begegnung war eine Konfrontation mit einer unbequemen Wahrheit: der Kunst des Seins Raum zu geben. Denn genau hier liegt eine stille Kraft, die nicht durch Checklisten oder Errungenschaften zu definieren ist, sondern durch die Wertschätzung des Wesentlichen – das Leben selbst.
Vielleicht sollten wir uns alle daran erinnern, dass der Wert des Lebens nicht in seiner Bewertung liegt, sondern im Erleben, im Zulassen der Unvollkommenheit und im Akzeptieren unserer menschlichen Natur. In diesem einfachen Einklang mit dem Sein liegt die wahre Rebellion, still und kraftvoll.